08.04.2005, im Zeughauskino.
Äußerst selten nahm sich die DEFA des Themas straffällig gewordener Jugendlicher an, nur zwei Mal präsentierte sie Innensichten aus der entsprechenden Umerziehungsanstalt, den Jugendwerkhof: 1982 in Roland Steiners gleichnamigem (nicht zugelassenen) Dokumentarfilm und 1958 in Ein Mädchen von 16 ½.
Inmitten einer Welle von DEFA-Gegenwartsfilmen wagt sich der Schauspieler und Regisseur Carl Balhaus an den schwierigen Stoff heran. Die 16jährige Helga, durch den Krieg elternlos geworden, treibt sich im kriminellen Westberliner Milieu herum, die DDR-Polizei greift sie auf und weist sie in einen Jugendwerkhof ein. Zwar lernt sie nun sinnvolle Arbeit und menschliche Atmosphäre kennen, doch bald zieht es sie erneut zu den falschen Freunden. Erst als Helga der Prostitution nachgehen soll, kehrt sie freiwillig in die DDR, in den Werkhof zurück und scheint endgültig geläutert.
Nach der Premiere sah sich der Film scharfer Kritik ausgesetzt: der Werkhof sei als idyllisches Sanatorium dargestellt und überhaupt vermisse man die „typische“ sozialistische Jugend mit ihren „echten“ Konflikten. Außerdem würden die Szenen in Westberlin glaubhafter wirken als die idealisierten Bilder einer „Erziehung in der Sommerfrische“. (Der Morgen, 17.5.1958)
Die teilweise berechtigten Einwände mündeten auf der DEFA-Spielfilmkonferenz Anfang Juli 1958 in Angriffe auf Carl Balhaus. Der Regisseur gestand öffentlich Fehler ein, der Film blieb im Spielplan. Das Programm hingegen erhielt einen neuen Begleittext. Um dem Vorwurf der Realitätsfälschung zu begegnen, wurde deutlich herausgestellt, dass der Film „keineswegs typisch für unsere Zeit“ sei und nur „außergewöhnliche Umstände […] junges Leben selbst in [solche] Schuld verstricke.“
Vorfilm: Der Augenzeuge A 65/58 (DDR 1958)
Einführung: Ralf Forster