Spur der Steine (1966, R: Frank Beyer) – (Top100, Platz 23)
Nach einer Vorpremiere am 15. Juni 1966 bei den Arbeiterfestspielen im Bezirk Potsdam wird Spur der Steine zwei Wochen später, am 1. Juli im Berliner Kino „International“ uraufgeführt. Drei Tage später wird der Film nach inszenierten Krawallen aus dem Verleih genommen. Spur der Steine gehört zu den prominentesten Filme, die in Folge des 11. Plenums des ZK der SED verboten wurden. Seine Wiederaufführung findet erst am 23. November 1989 ebenfalls im Kino „International“ in Berlin statt. Von Spur der Steine hat es immer nur eine Fassung gegeben – der Hinweis etwa im CineGraph-Lexikon auf eine gekürzte Fassung ist falsch. Allerdings hatte Beyer zwischenzeitlich überlegt, dem Vorspann das Biermann-Lied „Warte nicht auf bessere Zeiten“ zu unterlegen.
Originalformat und -länge: 35mm, s/w, Totalvision , 3795 m (= 139‘ bei 24 B/Sek.)
(Bei der DEFA gebräuchliches Breitwandverfahren, „das dem Cinemascope gleichwertig ist und mit einem Seitenverhältnis von 1:2,55 (Vierkanalmagnetton) oder 1:2,35 (Lichtton) arbeitet.“ (Kleine Enzyklopädie Film Leipzig: VEB Bibliographisches Institut 1966, S. 868)
* Frank Beyer: Spur der Steine. DVD. Berlin: Icestorm Entertainment GmbH 2002. Bestell-Nr.: 19062. Spielfilm: 129‘; Video Aspect: 4:3; Color Mode: s/w; Audio: Deutsch Dolby Digital 2.0; Region Code: PAL, Zone 0
Info: www.icestorm.de
Geboten wird die Originalfassung. Das Filmbild ist links und rechts beschnitten. Das Bonus-Material bringt Kürzestfassungen der Filmo- und Biografie von Frank Beyer und Manfred Krug, ferner ein Einzelsujet aus „Der Augenzeuge“ 25/1964 über einen Auftritt von Manfred Krug mit den Jazz-Optimisten. Ferner werden das Original Kino-Plakat, Aushang- und Szenenfotos sowie Plakate anderer Verbotsfilme abgebildet – die Menuführung, passend zum Film aus Ziegelsteinen gebaut, liegt zum Teil über den s/w-Fotos. Weiterführende Informationen zum Film, etwa zum Verbot und seiner späten Wiederaufführung werden nicht mitgeliefert. Lobenswert die Veröffentlichung des einfühlsamen Features Spur der Zeiten. Porträt Frank Beyer (ORB 1997, R: Ulrich Kasten, Ralf Schenk), der allerdings, da als Interview-Film angelegt, diese Lücken nicht füllen kann. Die DVD ist „ausschließlich für die private Nutzung bestimmt“. (Jeanpaul Goergen)
Triumph des Willens (1935, R: Leni Riefenstahl) – (Top100, Platz 37)
Obschon Triumph des Willens einer der am meisten zitierten deutschen Filme ist, ist die Kopienlage unsicher. Auch die Zensurgeschichte des Films wurde nicht untersucht und mit den überlieferten Kopien abgeglichen. Triumph des Willens wurde bis 1942 fünfmal in verschiedenen Längen zensiert:
1) 26. März 1935: 3.109 m (= ca. 113‘)
2) 16. September 1935: 1.232 m auf 16mm (= ca. 113‘)
3) 31. Juli 1936: 1.658 m (= ca. 60‘; als Kurzfassung ausgewiesen)
4) 2. Januar 1939: 3.030 m (= ca. 110‘)
5) 28. Januar 1942: 2.358 m (= ca. 86‘)
Das 1980 von Martin Loiperdinger vorgelegte Einstellungsprotokoll Triumph des Willens. Einstellungsprotokoll. Frankfurt am Main: Institut für historisch-sozialwissenschaftliche Analysen e.V. 1980) bezieht sich auf eine im Bundesarchiv-Filmarchiv in den siebziger Jahren gezogene 16mm-Kopie (K 79253, ca. 108‘), in der zwei wichtige Szenen fehlen: 1) zwischen Sequenz VII (Hitler spricht zur Hitlerjugend) und VIII (Appell der politischen Leiter) die „Reichswehrsequenz“ (40,5 m auf 35mm = 1‘25“); 2) in der X. Sequenz „Vorbeimarsch vor Hitler auf dem Hauptmarkt“ der Auftritt des Stahlhelms (44,5 m auf 35mm = 1‘33“) – Sequenzen, die aber in einer andere Kopie des Bundesarchivs enthalten ist. Zu den Überlieferungsvarianten vergleiche man das 1989 erschienene Begleitheft (G 138 Triumph des Willens) des Instituts für den Wissenschaftlichen Film; dort wird die erst später entdeckte Stahlhelmsequenz aber noch nicht diskutiert.
* Leni Riefenstahl‘s Triumph of the Will. Special edition. SFD0015, Synapse films, USA, 2001
DVD b&w, NTSC, Mono, approx. 120‘, release date: 30.4.2001
Die Edition wird angekündigt als „brand new windowboxed digital transfer from a 35mm fine grain“. Aus welchem öffentlichen oder privaten Archiv die Kopie stammt, wird nicht mitgeteilt; sie geht aber offenbar auf ein „master negativ“ der „Film Preserve“ von Robert A. Harris in New York zurück.
Auf „The Film Preserve, Ltd.“ bezieht sich auch das auf 2000 datierte Copyright. „The windowboxing process used for this transfer exposes more film frame image than a standard full-frame or letterboxed transfer. The slight black bars on all four sides of the image are normal for this format.“ Dieses Verfahren ist auf meinem Fernseher nur in ersten und 8. Kapitel aktiv, wo das Vollbild von einem allerdings recht breiten schwarzen Rahmen umgeben ist. Die photographische Qualität ist erstaunlich gut – wahrscheinlich geht das Ausgangsmaterial auf jene Filmkopie zurück, die Iris Barry 1937 von ihrer Deutschlandreise für die neu gegründete Film Library des Museums of Modern Art nach New York mitgebracht hat – Filmforscher, die die Moma-Kopie gesehen haben, beschreiben sie als qualitativ hochwertig.
Die von Synapse verwendete Kopie ist weitgehend vollständig: sie enthält die Reichswehrsequenz, der Vorbeimarsch des Stahlhelms auf dem Hauptmarkt aber fehlt. Die Herkunft der Kopie und die Frage ihrer Vollständigkeit wird leider nicht diskutiert. Auf den Schwarzfilm des Vorspanns hat Synapse einige nicht ausblendbare Credits gelegt; dort steht fälschlicherweise „Party Day of Victory“ – der Titel des NSDAP-Parteitags von 1933!
Der Historiker Dr. Anthony R. Santoro (Newport News University) auf der Audiospur fällt allzu oft in die Reporterattitüde; häufig verdoppelt sein Kommentar Riefenstahls Bilder. Nützlich dagegen seine Identifizierung der verschiedenen Nazi-Größen. Die englische Untertitelung überzeugt. Ein Teil des Verkaufserlöses der DVD Triumph des Willens wird dem United States Holocaust Memorial Museum in Washington, D.C. gespendet.
Als Extra bringt die DVD Leni Riefenstahls Kurzfilm Tag der Freiheit – Unsere Wehrmacht – Nürnberg 1935 vom Reichsparteitag der NSDAP 1935 aus dem Archiv von David Shepard. Nicht erwähnt wird, dass es sich um eine gekürzte Fassung handelt: es fehlt der Mittelteil, die Ansprache Adolf Hitlers an die Wehrmachtsoldaten. Zu diesem Film vgl. den Aufsatz von David Culbert und Martin Loiperdinger „Leni Riefenstahl‘s Tag der Freiheit (1935): the 1935 Nazi Party Rally film“. In: Historical Journal of Film, Radio and Television, vol 12 (1992), no 1, S. 3-40.
(Jeanpaul Goergen, Martin Loiperdinger)