DIE 3-GROSCHEN-OPER (1931, R: Georg Wilhelm Pabst) (Top 100, Platz 51)
Ausweislich der „Top 100“ auf der CD-ROM „Die deutschen Filme: Deutsche Filmografie 1895-1998“ sind Kopien der 3-GROSCHEN-OPER im Bundesarchiv, im Deutschen Filminstitut – DIF, im Filmmuseum Düsseldorf sowie im Filmmuseum München in unterschiedlichen Längen vorhanden. Das Filmmuseum Düsseldorf besitzt aber nur das Remake von 1963 durch Wolfgang Staudte. Informationen über restaurierte Fassungen liegen weder für die deutsche noch die französische Version vor. DIE 3-GROSCHEN-OPER war auch im Nachkriegsdeutschland wohl ständig im Kino präsent. Am 24. Juni 1948 wird der Film im Berliner Kino „Babylon“ wiederaufgeführt, verliehen von Sovexportfilm. Am 15. Januar 1954 berichtet die Süddeutsche Zeitung von einer um einige der Weillschen Songs gekürzten Kopie. Am 24. August 1955 legt die Neue Filmkunst Walter Kirchner (Göttingen) DIE 3 GROSCHENOPER (sic) der Freiwilligen Selbstkontrolle vor. Mit 2991 m (109′) ist diese Kopie 86 m (3′) bzw. 106 m (4′) kürzer als die Zensurlängen von 1931. Die Kopie enthält holländische Untertitel, „da keine andere Kopie mehr erreichbar“ war, wie es im Programmheft (Stiftung Deutsche Kinemathek, Schriftgutarchiv) heißt. Eine Neuaufführung erlebt diese Kopie, ebenfalls bei der Neuen Filmkunst, ab März 1973 zu Brechts 75. Geburtstag. – 1960 heißt es über THE THREEPENNY OPERA in der von Brandon Films vertriebenen Fassung: „The present version was fitted together from pieces of several prints discovered after a long search of Europe.“ (Time, 25.7.1960)
Video- und DVD-Editionen
L’OPÉRA DE QUAT’SOUS. Film parlant français. VHS. Éditions René Chauteau, 1994, 100′
Diese in der Reihe „Mémoire du Cinéma Français“ erschienene Edition bringt die französische Fassung der 3-GROSCHEN-OPER, mit dem vollständigen Vorspann: zwei Gongschläge auf Schwarzfilm, der Beginn des ersten Songs sowie die Tafel „Warner Bros. [mit den Logos von WB und First National] présente“. Ferner noch einen (neueren?) Titel: „Une production Société des Films Sonores Tobis“. Die Film läuft knapp 100 Minuten; die Bildqualität ist ansprechend, das Frequenzspektrum des Tons dagegen eher schmal.
THE THREEPENNY OPERA. G W Pabst. Disc 1: DIE DREIGROSCHENOPER (105 mins), Disc 2: L’OPÉRA DE QUAT’SOUS (98′). BFIVD661, release date: 6 December 2004
Es handelt sich offenbar um die erste DVD-Veröffentlichung der beiden Versionen der 3-GROSCHEN-OPER, und zwar als Übernahme beider Titel, die bereits 1998, ebenfalls vom British Film Institute (bfi), auf VHS herausgegeben wurden. Die Ausstattung der Edition ist schlicht und beschränkt sich auf die Wiedergabe der beiden Filme. Leider können die englischen Untertitel auf beiden Fassungen nicht ausgeblendet werden. Welche Kopien für die Edition benutzt wurden, wird nicht mitgeteilt. Bei der französischen Fassung fehlt jener Vorspann, der auf der 1994er VHS der Éditions René Chauteau enthalten ist. Auch hier bereitet der Ton die größten Probleme. Die DVD bringt die Filme im Format 1:1.33 und konzentriert sich somit auf den ‚bildwichtigen Teil‘ des Normalformats 1:1.37. Die 3-GROSCHEN-OPER wurde aber noch im frühen Tonfilmformat 1:1.19 aufgenommen, das fast viereckig war, so dass noch mehr Bildinformationen, insbesondere in der Bildhöhe, fehlen.
TARTÜFF (1925, R: Friedrich Wilhelm Murnau) (nicht unter den Top 100)
Die Kopienlage zu TARTÜFF ist unübersichtlich. Es wird abzuwarten sein, bis der Restaurierungsbericht von Bundesarchiv-Filmarchiv und Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung vorliegt, um Gültiges über die verschiedenen Verleihfassungen sagen zu können.
Auf der Murnau-Retrospektive in Berlin 2003 lief zum Beispiel eine deutsche Fassung aus dem Filmmuseum München (35mm, s/w, 1.910 m).
Auch die Stiftung Deutsche Kinemathek verleiht eine Fassung mit deutschen Titeln (35mm, s/w, 1.701 m), das Deutsche Filminstitut – DIF eine Kopie mit verlängerten deutschen Zwischentiteln nach der ZDF-Fassung (35mm, s/w, 2.033 m).
Die westdeutsche Erstausstrahlung erfolgte am 27. Februar 1973 im ZDF-Nachtstudio. Der zeitgenössische Pressetext erwähnt keine Filmrestaurierung, wohl aber das Auffinden der Musik von Giuseppe Becce. „Nach langem Suchen in verschiedenen Archiven wurde eine Piano-Direktionsstimme der Originalstummfilmmusik von Dr. Giuseppe Becce aus dem Jahre 1925 entdeckt. Der Komponist Rolf Unkel hat sie für ein Salonorchester instrumentiert […]. Allerdings mußte, um die Musik unverändert vorzuführen, auf die vom ZDF sonst praktizierte Verlangsamung des Films verzichtet werden. Der Film wurde zwar mit sechzehn Bildern pro Sekunde aufgenommen, in einigen Kinos aber schneller vorgeführt. Für eine solche schnellere Vorführung hatte Becce 1925 die Partitur geschrieben.“ (ZDF-Programm 9/1973, S. 36)
Restaurierung 1.1960er Jahre. Moskau, Gosfilmofond Kurzbericht: „Im staatlichen russischen Filmarchiv Gosfilmofond (liegt) die Kopie einer Exportfassung, die 1945 von den Sowjets im damaligen Reichsfilmarchiv beschlagnahmt und in den 60er Jahren mit deutschen Zwischentiteln versehen wurde.“ (Booklet zur DVD-Edition, Transit 2005) „Alle Einstellungen mit Text wurden der russischen Kopie nach dem Krieg hinzugefügt und stammten aus einer verloren gegangenen Kopie. Am doppelt gefilmten Bildfenster sieht man, dass es sich um eine Kopie handelt. Auch die Zwischentitel wurden hinzugefügt, von der Zensurkarte kopiert, die aber nicht der originalen grafischen Gestaltung entsprechen.“ (Luciano Berriatúa, in: „Tartüff, der verschollene Film“, Transit-Edition). Der Vorspanntext der Transit-DVD erwähnt zudem eine „Exportfassung ohne Untertitel“ [gemeint sind wohl Zwischentitel] aus dem Gosfilmofond.
Restaurierung 2.2002: Bundesarchiv-Filmarchiv und Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Kopie: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, 1.754,6 m, Virage, englische Zwischentitel. Laufzeit: 69’58“ bei einer Vorführgeschwindigkeit von 22 Bildern pro Sekunde
Kopierarbeiten: L’Immagine Ritrovata, Bologna.
Kurzbericht: „Diese amerikanische Fassung ist uns durch eine Nitrokopie der Library of Congress überliefert, die sich heute im Bundesarchiv-Filmarchiv befindet. […] Der Film ist durchgängig in einem leichten Orange eingefärbt; dies trifft auch auf die erhaltenen Kopien aus dem argentinischen und dem schweizer Verleih zu: Vermutlich wurden Kopien von TARTÜFF also generell in dieser Farbe hergestellt. Wenn man sich die Einzelheiten der Kopie vornimmt, stellt man jedoch fest, dass es sich bei ihr um einen Zusammenschnitt verschiedenster Materialien handelt: Es ist möglich, dass es sich um eine spätere Zusammenstellung des amerikanischen Verleihs handelt. Dies berührt aber nicht die Gestalt des Films, der korrekt montiert und nahezu vollständig ist. Die Meterlänge bleibt unter der der deutschen Verleihfassung, die sich in Rußland erhalten hat, was hauptsächlich auf die Überlänge der dort einmontierten Zwischentitel zurückzuführen ist, aber auch auf den abweichenden Rhythmus der Einstellungen und auf den Verlust einzelner Fragmente durch Zersetzung des Materials. In diesem Fall war die Restaurierung sehr einfach: Es wurde eine exakte Kopie auf Sicherheitsfilm gezogen, die Kontrast und Einfärbung der Vorlage wiedergibt.“ Luciano Berriatúa, Camille Blot: TARTÜFF. American Cut. Über die Film-Restaurierung. http://www.filmmuseum-berlin.de/fwmurnau/retro.htm (27.3.2005)
Uraufführung: 22.2.2003, Berlin (Murnau-Retrospektive der Berlinale 2003)
Infos: http://www.murnau-stiftung.de
Video- und DVD-Editionen
F. W. Murnau’s TARTUFFE. The restored authorized edition. DVD. Kino on Video, Release date: 11.11.2003. L: 63′. Not for sale to customors outside U.S. and Canada
TARTUFFE. A film by F. W. Murnau. DVD. Eureka. The Masters of Cinema Series, #4. L: 64′. Release date: Januar 2005
Friedrich Wilhelm Murnaus TARTÜFF. Restaurierte Fassung mit Originalmusik. DVD Transit Classics – Deluxe Edition, 2005. Virage. Laufzeit: 63′ bei 24 Bildern/Sekunde. Erscheinungsdatum: 18.4.2005
Alle drei DVDs gehen auf die Restaurierung 1.2002 zurück, wobei nur Kino on Video (2003) diese Restaurierung – die amerikanische Exportversion mit den originalen amerikanischen Zwischentitel – auch ohne Veränderungen übernimmt. Im Vorspanntext heißt es: „Three different camera negatives were created for the film TARTÜFF: one for Germany, one for general export and a third for the United States. The American version war archived by the Library of Congress in the form of a tinted nitrate print. This element is now preserved at the Bundesarchiv-Filmarchiv of Koblenz, who made it available for restoration. The restoration took place in 2002 as a collaborative project between the Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin/Koblenz and the Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung of Wiesbaden. Laboratory work was conducted by L’Immagine Ritrovata, Bologna.“ Da die Kopie noch zahlreiche, den Gesamteindruck allerdings nicht grob störende Kratzer, Flecken und Schrammen enthält, wurde wohl keine digitale Nachbesserung ausgeführt. – Diese Edition enthält zudem einen 35minütigen Film von Alexander Bohr („The Way to Murnau“ – eine ZDF-Produktion von 2003) sowie einen Booklet-Essay von Jan–Christopher Horak.
Bei der Transit-Edition handelt es sich um die deutsche Erstveröffentlichung des Films auf DVD – eine weitgehend identische DVD ist in Großbritannien bereits seit dem 21. Januar 2005 bei Eureka (Masters of Cinema; 4) erhältlich. Das Booklet ist umfangreicher als das Leporello der deutschen Edition und bringt einen Essay des Filmwissenschaftlers R. Dixon Smith. Das Bonusfeature des spanischen Filmhistorikers und Murnau-Experten Luciano Berriatúa, auf der deutschen Edition 43 Minuten lang, dauert hier nur 37 Minuten.
Zudem ist die Werbung von Eureka (www.eurekavideo.co.uk) verwirrend. Die Musikbegleitung – eine Adaption der Originalmusik von Giuseppe Becce durch den Pianisten Javier Pérez de Azpeitia – wird als „new piano score“ vorgestellt. Ferner heißt es, die DVD enthalte „the only surviving version of the film“ – was nicht zutrifft, denn deutsche Fassungen sind über das Filmmuseum München, die SDK und das DIF ausleihbar. Dass Berriatúa seinen Essay „Tartüff, der verschollene Film“ nennt, trägt nicht gerade zur Klärung bei.
Die DVDs von Eureka und Transit gehen über die Restaurierung 2.2002 hinaus, indem sie die amerikanischen Zwischentitel durch neu gesetzte deutsche Titel ersetzen. Als Vorlage diente die Schrift der zeitgenössischen Ufa-Printwerbung. Außerdem wurden digitale Verbesserungen „wie Kornunterdrückung, Bildstandstabilisierung und Verringerung gelegentlicher Kratzer und Laufschrammen vorgenommen.“ (Booklet) So ist eine ganz neue Fassung als Hybridversion des TARTÜFF entstanden: die amerikanische Exportfassung mit ausgetauschten deutschen Zwischentiteln. Bis auf zwei wurden offenbar auch alle Einstellungen mit englischen Texten (Briefe, Quittungen, eine Widmung) durch solche mit deutschem Text ersetzt. Aus welcher Kopie diese Einstellungen stammen, wird nicht mitgeteilt. Englisch bleibt der große Rollenzettel des als Wanderkino-Vorführer verkleideten Enkels; der englische Zwischentitel „Poison“ wird durch die Nahaufnahme des Giftfläschchens (mit deutscher Aufschrift „Gift“) ersetzt. Eine Restaurierung – im Sinne von Wiederherstellen – ist diese Edition wohl nicht mehr. Berriatúa selbst scheint mit dieser Lösung nicht ganz zufrieden gewesen zu sein, fügt er doch seinem Essay einen Epilog an, der das Ende des Films nach der Schweizer Verleihkopie dokumentiert (hier trägt das Giftfläschchen die sowohl englisch als auch französisch lesbare Aufschrift „Poison“): dieser Schluss ist zwei Minuten länger als in der amerikanischen Fassung, die schneller auf den Punkt kommt. Dieses Fragment ist auf der DVD nur s/w und lässt sich leider nicht extra ansteuern.
Abweichend zum Booklet, das von drei, heute verschollenen Original-Negativen ausgeht, spricht der Filmvorspanntext auf der DVD von vier Negativen: „Von F. W. Murnaus TARTÜFF wurden vier Negative montiert: ein Negativ für Deutschland, eines für die USA, eins für Frankreich und wieder ein anderes für den Export.“ Abgesehen von dieser Verwirrung ist die Formulierung „Exportnegativ“ eher missverständlich, da die für die USA und für Frankreich bestimmten Negative ja auch exportiert wurden. Auch Berriatúa gelingt es in seinem Filmessay nicht immer, die Unterschiede zwischen den drei und/oder vier Negativen/Fassungen nachvollziehbar zu visualisieren. Dennoch ist seine Gegenüberstellung der Szenen aus verschiedenen Kopien in neben- und übereinander liegenden Bildfenstern immer wieder erhellend. Trotz dieser kleinen Einschränkungen ist Berriatúas Essay – wie schon sein Bonus-Film auf der Transit-DVD zum LETZTEN MANN – vorbildlich in der Argumentation und der Präsentation seines breiten Wissens. Bei einer Länge von 43 Minuten würde aber eine Kapitelunterteilung das Navigieren erleichtern.
Die DVD ist nur für private Zwecke lizenziert. Allerdings erteilt die Transitfilm GmbH „im Einzelfall“ eine schriftliche Zustimmung über den Einsatz für Unterrichtszwecke. Neben Biografien zu den wichtigsten Stab- und Besetzungsmitgliedern enthält die DVD zudem eine umfangreiche, aber unkommentierte Bildersammlung.