Die Nouvelle Vague hatte es vorgemacht: Aus Filmkritikern können Regisseure werden. Theodor Kotulla gehörte 1957 zu den Gründern der Zeitschrift Filmkritik, die sich in den Folgejahren zum Leitmedium der ambitionierten linken Filmpublizistik entwickelte. Mit Bis zum Happy End wechselte er 1968 die Seiten und drehte seinen ersten Langfilm, basierend auf einem Drehbuch des Duos Hans Stempel und Martin Ripkens, das ebenfalls für die Filmkritik schrieb. Der Chefredakteur der Zeitschrift Enno Patalas ist kurz in der Rolle eines Pfarrers zu sehen.
Die Bundeshauptstadt Bonn in der Zeit vor ’68: Anderswo mögen die Studenten schon auf die Barrikaden gehen, in der rheinischen Kleinbürgeridylle ist davon allerdings kaum etwas zu spüren. Der Vater beabsichtigt, mit dem geerbten Fotogeschäft zu expandieren; die Mutter spielt Gattin; Sohn, Großvater und restliche Verwandtschaft sollen dabei möglichst nicht stören. Wenn es ums Geld geht oder ein plötzlicher Todesfall eintritt, bekommt die in gediegener Farbfotografie gefilmte Idylle allerdings bald Risse. Bis zum Happy End ist eine distanziert inszenierte Zustandsbeschreibung der vom Wirtschaftswunder gesättigten Bonner Republik aus der Sicht eines linken Intellektuellen um die Vierzig, dessen Filmverständnis an Antonioni ebenso geschult wurde wie an Sergej Eisenstein oder Agnès Varda. In der Filmkritik wurde der erste Langfilm des Kollegen kontrovers diskutiert. Einige Autoren waren merklich enttäuscht, darunter auch Chefredakteur Patalas.
Als Vorfilm zeigen wir Kotullas kurzes Kammerspiel Panek, in dem er sich mit den Befindlichkeiten der linken Intellektuellen und der eigenen brotlosen Situation eines Schreibenden auseinandersetzt.
Einführung: Frederik Lang (CineGraph Babelsberg e.V.)
Am Freitag, den 1. April 2016 um 20 Uhr im Zeughauskino