Im September stellt CineGraph Babelsberg in FilmDokument drei Programme zum Thema Lehr- und Unterrichtfilme vor. Diese Filmsparte ist nur selten im Kino präsent und erst ansatzweise wissenschaftlich erforscht.
1.
FILM IST. (1-6) (Ö 1998)
In seinem Tableaufilm FILM IST. (1998) montiert der österreichische Filmemacher Gustav Deutsch Ausschnitte aus wissenschaftlichen Filmen zu einer Expedition in so faszinierende wie unbekannte Bewegungsbilder. „Die Verachtung, die wissenschaftlichen Filmen oftmals entgegenschlägt, meint nicht so sehr den Inhalt, sondern ihr biederes, einfallsloses, lächerliches, vom Kommentar verseuchtes Erscheinungsbild; ebenso verdankt sich auch die (durchaus seltenere) Faszination für manche Lehrfilme meist allein der Kraft ihrer Bilder: Bilder, die man – selbst im Kino – noch nie gesehen hat. Film ist. versammelt soclche Bilder in Hülle und Fülle. Man spürt hier nicht nur die Politik, sondern auch die besondere Poetik der Gattung wissenschaftlicher Filme, die sich häufig ‚experimenteller‘ Gestaltungsmittel bedient: extreme Zeitlupe, extremer Zeitraffer, Lochung des Materials, teleskopische oder mikroskopische Kamerarbeit, Solarisierung, Belichtung durch Röntgenstrahlen.“ (Alexander Horwath) (13. 9., 19 Uhr; Gustav Deutsch ist anwesend)
2.
FilmDokument Wilfried Basse zum 100. Geburtstag
Vor 100 Jahren, am 17. August 1899, wurde Wilfried Basse, der Pionier des dokumentarischen Avantgardefilms, in Hannover geboren. Insbesondere mit seinem Kamerastreifzug über den Markt am Wittenbergplatz erreichte er 1929 eine seltene dokumentarische Authentizität. Neben diesem Klassiker zeigen wir ausgewählte Lehrfilme, die Basse ab 1934 für die Reichsstelle für den Unterrichtsfilm herstellte und fragen nach Verbindungslinien zwischen Avantgarde und Kultur- bzw. Lehrfilm: KOHLENSCHLEPPZUG AUF DEM MITTELRHEIN, BRAUNKOHLE-TAGEBAU, TABAKBAU IN DER UCKERMARK (jeweils 1936), DER SCHUHMACHER (1936) sowie D-ZUG FERTIG ZUR FAHRT (1939).
(14. 9., 19.00 Uhr, Einführung: Jeanpaul Goergen)
3.
Unterrichtsfilme der SBZ/DDR bis 1960
Das dritte Programm untersucht Unterrichtsfilme aus der SBZ/DDR bis 1960 auf Traditionsspuren des deutschen Kulturfilms. Im Lehrfilm der DDR fand (mit z. T. gleichem Personal) zunächst eine Fortsetzung dessen statt, was die Ufa-Kulturfilmabteilung oder das Institut für Kulturforschung von Hans Cürlis vorgegeben hatten – die Darstellung von Volks- und Brauchtum (WIE DIE SORBEN DEN MAIBAUM AUFSTELLEN, 1956), Dokumentationen von (Kunst)Handwerkstechniken und traditioneller Industrie (HOLZSCHNITT, 1949, IN EINER ZIEGELEI, 1957) sowie Verhaltenstudien von Tieren (DIE RATTE ALS SCHÄDLING, 1954). Gebrochen wurde diese Linie durch das Hineingreifen sozialistischer Erziehungsmodelle in den Unterrichtsfilm, die eine „parteiliche“ Haltung propagierten (DIE NOVEMBERREVOLUTION 1918 IN DEUTSCHLAND, 1956) bzw. die zur Abbildung einer „neuen Wirklichkeit“ aufriefen. (15. 9., 19 Uhr; Einführung: Ralf Forster)
FILM IST. (1-6) (Ö 1998)
Kopie: Sixpack Film, Wien
MARKT AM WITTENBERGPLATZ (D 1929)
Kopie: SDK
KOHLENSCHLEPPZUG AUF DEM MITTELRHEIN (D 1936)
BRAUNKOHLE-TAGEBAU (D 1936)
Kopien: Privat
TABAKBAU IN DER UCKERMARK (D 1936)
Kopie: Deutsches Filminstitut – DIF
DER SCHUHMACHER (D 1936)
Kopie: Landesmedienzentrum Hamburg
D-ZUG FERTIG ZUR FAHRT (D 1939)
Kopie: Bundesarchiv-Filmarchiv
HOLZSCHNITT (DDR 1949)
DIE RATTE ALS SCHÄDLING (DDR 1954)
WIRKUNGSWEISE DES BAROMETERS / DAS BAROMETER (DDR, um 1952)
WIE DIE SORBEN DEN MAIBAUM AUFSTELLEN (DDR 1956)
IM ELBSANDSTEINGEBIRGE (DDR 1958)
DIE NOVEMBERREVOLUTION 1918 IN DEUTSCHLAND (aus: DU UND MANCHER KAMERAD) (DDR 1956)
IN EINER ZIEGELEI (DDR 1957)
DIE ENTSTEHUNG DER EIWEIßE UND KOAZERVATE (aus: AN DER SCHWELLE ZUM LEBEN) (DDR 1959)
Kopien: Privat
13.-15. September 1999, Arsenal