Zum 100. Programm der Reihe „Wiederentdeckt“ 1. Dezember 2006
CineGraph Babelsberg, Berlin-Brandenburgisches Centrum für Filmforschung, wurde 1991 in Babelsberg gegründet; Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Erforschung und öffentlichen Präsentation des unbekannten deutschen Filmerbes. Seit 1992 zeigen wir im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums als „Wiederentdeckt“ unbekannte Spielfilme; seit 1997 programmieren wir in der Reihe „FilmDokument“ im Kino Arsenal der Freunde der Deutschen Kinemathek nichtfiktionale Filme aus dem Filmerbe. Bisher führten wir in beiden monatlichen Reihen über 700 Kurz- und Langfilme auf – Filme, die in keiner Filmgeschichte erwähnt werden, die im Ganzen aber unverzichtbar sind für eine kritische, kultur- und mediengeschichtlich orientierte Analyse des deutschen Filmschaffens. Beide Reihen sind Gemeinschaftsveranstaltungen mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv und dem Zeughauskino bzw. Arsenal.
Leider gibt es kein Kino, das die deutsche Filmgeschichte ständig präsent hält. Das soll die Verdienste der Archive, der kommunalen Kinos und vieler anderer Einrichtungen um das nationale Filmerbe keineswegs mindern. Die deutsche Filmgeschichte ist aber so reich, so gut überliefert und so gut gesichert, dass ein Archivkino (um es einmal so zu nennen) immer schmerzlicher vermisst wird. Man stelle sich vor, die Museen müssten ohne Ausstellungsräume auskommen: Die Bestände der Nationalgalerie oder des Technikmuseums wären nur im Depot oder in kleinen Räumen für Einzelbesucher zugänglich – undenkbar! Und doch mutet man dies weitgehend dem Filmerbe zu!
Aufgabe eines Archivkinos wäre es, die deutsche Filmgeschichte in all ihren Facetten und Formaten, in Programmreihen klug gebündelt, ständig anzubieten. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die von den Archiven mit großem Sachverstand und erheblichen öffentlichen Geldern gesicherten, restaurierten, erschlossenen und sachgerecht gelagerten Filme wenigstens zum Teil wieder eine filminteressierte Öffentlichkeit finden. Auch für den Filmwissenschaftler reicht es nicht aus, Filme nur am Schneidetisch oder auf DVD anzusehen. Er muss sie im Kinosaal erleben, muss sie zusammen mit einem Publikum mit allen Sinnen auf- und wahrnehmen. Denn Film ist eine Projektionskunst, und auch die gilt es zu erhalten und zu bewahren. Ein Archivkino als ein „Musenheim“ der „siebten Kunst“ wird gebraucht, als ein Ort der systematischen, kritischen und selbstbewussten Auseinandersetzung mit dem deutschen Filmerbe. Die Arbeit unseres Vereins und die Filmreihen „Wiederentdeckt“ und „FilmDokument“ sind Ansätze in diese Richtung.