Filmblatt-Schriften 6
Fritz Langs vorletzter Film für die Ufa, Spione von 1928, gilt als ein Meisterwerk des Suspense, das aufgrund seiner allzu deutlichen Rückbindung an die Mabuse-Filme als weniger bedeutsames Werk im Oeuvre des Regisseurs eingeschätzt wird. Die Untersuchung basiert auf drei zeitgenössischen Kopien aus unterschiedlichen Distributionen. Die Differenzen zwischen abweichenden Versionen eines Films werden nicht als Ergebnis seiner Manipulation durch kommerzielle oder politische Interessen von Produzenten, Verleihern und Zensurbehörden betrachtet. Die Analyse berücksichtigt vielmehr, dass Stummfilme bewusst in verschiedenen Versionen entstanden, um sie international absetzen zu können. In der Regel gedreht mit zwei Kameras, stellten die Produzenten eine große Anzahl „identischer“ Takes einer Einstellung her, aus denen sie mehrere „originale“ Kameranegative für verschiedene Distributionen montierten. Untersucht werden wirtschaftliche, technische und künstlerische Beweggründe für diese Varianten. Über den Versionenvergleich erlaubt Spione Erkenntnisse über den spezifischen Produktionsprozess des Films der 1920er Jahre bei der Ufa sowie über Fritz Langs Arbeit in der Ära nach Erich Pommer.
ISBN 978-3-936774-06-1
96 Seiten mit Ill.
EUR 9,80
Bestellung über redaktion@filmblatt.de
Inhalt
Vorwort [7]
Zur Überlieferung des Films [11]
– Verhältnis von Überlieferung und Verfügbarkeit
Datierung und Identifizierung [15]
– Wiener und Canberra-Version
– Pariser Version
– Moskauer Version
Erzählstruktur der deutschen, britischen und US-Version im Vergleich [32]
– Version für den deutschen Vertrieb
– Version für den britischen Vertrieb
– Version für den US-Vertrieb
Urversionen [43]
– Technische Gründe
– Wirtschaftliche Gründe
– Künstlerische Gründe
– Klassifizierung der Takes
Fritz Lang und der Weltmarkt [61]
Restaurierungsprotokoll [69]
– Für die Restaurierung genutzte Materialien
– Analyse
– Restaurierungsziel
– Arbeitsschritte
DVD-Editionen [79]
Bibliografie [81]
Stabangaben [83]
Dank, Bildnachweis [96]
Rezensionen
Dieses Buch ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie aus der Arbeit der Filmrestauratorin mit dem Material und damit verbunden der Befassung mit verschiedenen Versionen des Films eine Erkenntnis über die filmhistorische Bewertung eines Films entstehen kann, auf die ein traditioneller Filmhistoriker, der nur nach dem einen „Original“ sucht, das vermeintlich den Intentionen der Filmautoren entspräche, niemals kommen würde. Wilkenings SPIONE-Buch ist somit ein Beispiel für moderne, empirisch orientierte Filmgeschichtsschreibung. (Olaf Brill, auf filmhistoriker.de, 1.11.2010)