Der Dokumentarfilm-Regisseur Andrew Thorndike (1909-1979) wird oft als ein Vorzeigefilmer der DDR bezeichnet, als Exponent von SED-Propaganda und als geschickter Multiplikator ideologischer Indoktrinationen per Film (DAS RUSSISCHE WUNDER, 1963). Gewiss hat er bereitwillig und mit hohem Können (besonders bei der Montage von Archivmaterial) in vielen Filmen das Politikverständnis der DDR-Oberen unterstützt und propagiert. Dabei ermöglicht jedoch die differenzierte Erkundung der ideellen und filmischen Wurzeln Thorndikes, seiner Rigorosität und Einseitigkeit, seinen Einengungen und seiner Gläubigkeit auf den Grund zu kommen, die er mit manchen Filmemachern seiner Generation teilt.
Als Spross eines begüterten Familienkonzerns lernt Thorndike während der NS-Zeit das Filmhandwerk und dessen Vermarktung bei der Ufa, dreht selbst Kultur-, Werbe- und militärische Lehrfilme. Sein Einsatz als Sanitätssoldat an der Ostfront und die nachfolgende sowjetische Kriegsgefangenschaft bringen ihn brachial zur Abkehr von Herkunft und bisherigem Leben. Seine Nachkriegsfilme zeigen, wie er aus heftiger persönlicher Irritation heraus vehement, auch trotzig und voller Sehnsucht nach neuen Ansätzen sucht. Hier wurzelt freilich auch seine Empfänglichkeit für spätere Vereinnahmungen.
Unter dem Titel „Profile“ werden frühe Dokumentarfilme der DDR-Filmgesellschaft DEFA gezeigt, die zwischen 1946 (dem Gründungsjahr der DEFA) und 1952/53 (dem Gipfelpunkt der Stalinisierung in der DDR und zugleich ihrem erstem Krisenjahr) entstanden sind, personalisiert an Joop Huisken, Andrew Thorndike, Eva Fritzsche und Bruno Kleberg. Die Reihe „Profile – der frühe DEFA-Dokumentarfilm“ wird von der DEFA-Stiftung gefördert.
Einführung: Elke Schieber
DIE HERRIN DES HOFES (D 1942)
VON HAMBURG BIS STRALSUND (DDR 1950)
DER 13. OKTOBER (DDR 1950)
DIE PRÜFUNG (DDR 1952)
Kopien: Bundesarchiv-Filmarchiv
27. Februar 2004, Arsenal 2